BERLIN. Die forschenden Pharmaunternehmen beschäftigen sich zur Zeit mit Hunderten von Projekten, die auf die Heilung oder Linderung von mehr als 110 Krankheiten abzielen. Dies geht aus einer Umfrage des Verbandes der forschenden Pharmaunternehmen (vfa) unter den 45 Mitgliedsunternehmen hervor.
324 dieser Projekte seien bereits im Zulassungsverfahren oder der späten Phase der klinischen Erprobung, hat der vfa am Dienstag mitgeteilt. Sie hätten damit die Chance, schon 2017 der Patientenversorgung zur Verfügung zu stehen.
Zusätzlich könnten bis 2017 etwa 20 neue Wirkstoffe aus den Laboren in Deutschland kommen. Das seien zwölf Prozent der weltweit entwickelten Wirkstoffe.
Forschungsschwerpunkte seien Krebs, entzündliche Erkrankungen wie Rheuma und Multiple Sklerose, Infektionen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Im Folgenden eine Auswahl der derzeit in Deutschland entwickelten Arzneimittel.
Antibiotika: Es gibt 80 zugelassene Antibiotika. Noch in diesem Jahr könnten laut vfa-Angaben ein weiteres Antibiotikum gegen MRSA und eines gegen den Darmkeim Clostridum difficile zugelassen werden.
In der Erprobung sind ferner ein Breitbandantibiotikum gegen gramnegative Bakterien, zwei gegen Clostridium difficuile, vier Tuberkulose-Arzneien und zwei Antibiotika zum Inhalieren.
Für die Unternehmen problematisch: Der Zusatznutzen ist schwer nachweisbar, wenn die neuen Antibiotika als Reservemedikamente vorgehalten werden sollen, damit sich nicht sofort Resistenzen dagegen entwickeln.
Hepatitis C: Es herrscht großer Optimismus. Bis 2017 könnten neun neue Medikamente entwickelt werden. Studiendaten belegten, dass 90 Prozent der Genotyp 1-Patienten geheilt werden könnten, so der vfa.
Die Entwicklung von Hepatitis-C-Therapien sei ein typisches Beispiel für Schrittinnovationen über drei Jahrzehnte hinweg. In Deutschland gibt es 450.000 Patienten mit dieser Infektionskrankheit, in China mehrere hundert Millionen.
Krebs: Rund hundert neue Verfahren werden derzeit erforscht. Erfolge meldet der vfa zum Beispiel im Kampf gegen Leukämie mit dem neuen Wirkstoff Volasertib. Zudem gebe es zwei neue Medikamente, die in der Lage seien, den schwarzen Hautkrebs auszubremsen.
Für die Unternehmen problematisch: Neue Krebstherapeutika würden fast ausschließlich als Kombinations- oder Sequenztherepeutika entwickelt und zunächst bei schwersten Verlaufsformen eingesetzt.
In der Regel zeigten diese Medikamente ihren vollen Mehrwert aber erst im Laufe der Produktentwicklung, wenn sie auch in früheren Krankheitsstadien eingesetzt werden könnten. Damit falle es schwer, das wahre Ausmaß des Zusatznutzens von Anfang an zu belegen, warnt der vfa.
Personalisierte Medizin: Für vfa-Chef Hagen Pfundner ist die personalisierte oder stratifizierende Medizin „der Megatrend“. Derzeit sind sechs Medikamente mit einer vorgelagerten Diagnostik im Zulassungsverfahren.
31 werden bereits eingesetzt. Bei der Arzneimittelentwicklung sei es die Regel, schon in frühen Stadien nach Biomarkern zu suchen.
Zwei Drittel aller Krankheiten könnten nach wie vor nicht ausreichend behandelt werden, heißt es beim vfa. Vielversprechende Ansätze zur Therapie von Alzheimer seien in Sackgassen geendet.